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Zwangsvollstreckung Teil 2: Gescheiterter Digitalisierungsversuch

Autor: Udo Brückner, Vorsitzender des BDIU-Ausschusses für Gerichtsvollzieherwesen

Der Grundgedanke, Formulare als Basis zur Schaffung einer strukturierten Datenübertragung an die Gerichte und an Gerichtsvollzieher zu nutzen, ist vom Grundsatz nicht verkehrt. Schon bei der Einführung des gerichtlichen Mahnverfahrens stand das Formular Pate zunächst für das automatische Auslesen der Daten aus dem Vordruck und später für eine strukturierte Datenübertragung. So weit, so gut.

Auch die vom Bundesrat am 16. Dezember 2016 verabschiedeten Formularvorlagen für die Zwangsvollstreckung sollten die Grundlage für die Übertragung strukturierter Daten bilden. Die Arbeitsgruppe IT-Standards in der Justiz leitete daraus einen Spezifikationsvorschlag ab, der den beratenden Verbänden, unter anderem auch dem BDIU, am 5. Juli zur Prüfung und Kommentierung zugesandt wurde. Naturgemäß ergeben sich aufgrund der Komplexität der Sachverhalte in der Zwangsvollstreckung Fragen und Verbesserungsvorschläge.

Mit der Veröffentlichung des Referentenentwurfs zur Änderung der ZVFV am 3. August, zeitgleich mit Ablauf der Konsultationsfrist der AG IT-Standards, wurde die Vorarbeit teilweise wieder zunichte gemacht. Die Änderungen an den Formularen bewirken naturgemäß auch eine notwendige Anpassung der geplanten Datensatzstrukturen. Dennoch entschied sich die Arbeitsgruppe zur Veröffentlichung einer Vorab-Version der Spezifikation, obwohl schon jetzt klar ist, dass dieser Versionsstand nicht mehr den Formularen zum Zeitpunkt der verbindlichen Einführung entsprechen wird.

Diese Entwicklung der vergangenen Wochen veranschaulicht sehr eindringlich, dass Gesetzgebung und Digitalisierung in der Justiz völlig asynchron verlaufen. Zudem umfasst der Digitalisierungsversuch nur die Möglichkeit der Auftragserteilung in strukturierter Form. Begünstigte dieses Ansatzes sind Gerichte und Gerichtsvollzieher, während bei den Auftraggebern beziehungsweise bei ihren Software-Partnern ein nicht zu unterschätzender Entwicklungsaufwand entsteht. Warum sollte ein IT-Dienstleister das Risiko der Softwareentwicklung bei sehr volatilen Vorgaben eingehen, der seinen Kunden keinen Mehrwert bringt? Denn auch weiterhin ist nur die PDF-Datei (ersatzweise eine TIFF-Datei) als elektronisches Dokument gesetzlich verankert.

Mithin darf man den bisherigen Ansatz zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung als gescheitert ansehen. Es bedarf eines verlässlichen Spezifikationsrahmens und eines Angebots der Justiz an die Auftraggeber bzw. Antragsteller. Dies könnte beispielsweise in der Rücklieferung strukturierter Informationen aus dem Schuldnerregister oder Rechnungsinformationen für ebenfalls strukturiert erteilte Zwangsvollstreckungsaufträge bestehen („Quid pro quo“).

Der BDIU bleibt auch weiterhin bemüht, im Dialog mit den staatlichen Akteuren und den Software-Herstellern akzeptable Rahmenbedingungen für die weitere Digitalisierung in der Zwangsvollstreckung zu schaffen.